Unsere Fachbereiche
Woran wird am Institut für Sprachwissenschaft geforscht?
Grammatiktheorie und Sprachvergleich
In der Grammatiktheorie versuchen Linguist:innen, das System der menschlichen Sprache zu verstehen und herauszufinden, was für abstrakte kognitive Muster und Strukturen allen Sprachen der Welt zugrunde liegen, so dass alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft bei Geburt fähig sind, jede Sprache der Welt als Muttersprache zu erwerben. Um diese allgemeinen Muster der menschlichen Sprache zu entdecken, ist Sprachvergleich innerhalb einer Sprachfamilie und darüber hinaus besonders wichtig.
Sprache und Kognition
Um zu verstehen, wie das komplexe System Sprache im Gehirn gespeichert und verarbeitet wird, erforschen wir die ein- oder mehrsprachige Entwicklung von Kindern und Erwachsenen, den Schriftspracherwerb, die Art und Weise, wie wir Muttersprache(n) und Fremdsprache(n) produzieren und verstehen, oder Sprachstörungen (zum Beispiel Sprachentwicklungsstörungen, Dyslexie, Aphasie). In der Psycholinguistik interessiert uns also der Zusammenhang von Kognition und Sprache und die Faktoren, die darauf Einfluss nehmen, zum Beispiel das Alter, das Umfeld, in dem jemand eine Sprache erlernt, sprachliche Erfahrungen und andere kognitive Fähigkeiten. Das Wissen darüber dient wiederum als Grundlage für Sprachtherapien, Sprachunterricht, Sprachförderungen, etc.
Sprache und Gesellschaft
Sprachliches Handeln hat als eine der Grundlagen für die soziale und kulturelle Identität von Sprecher:innen sowie deren Interaktion unmittelbar gesellschaftliche Relevanz. Die Soziolinguistik beschäftigt sich mit der sozialen Bedingtheit von Sprache, aber auch mit deren sozio-kulturellen Implikationen. So erforschen Soziolinguist:innen strukturelle (Sprachwandel, Sprachmischung, Entlehnung, Dialektausgleich, usw.) und sozio-pragmatische Aspekte des Sprachgebrauchs (Spracheinstellung, Sprache und Alter, Gender, Ethnie, Machtstrukturen, usw.).
Ein wichtiges Thema der Soziolinguistik ist die Mehrsprachigkeit. Alle Menschen, selbst monolinguale Specher:innen, sind grundsätzlich mehrsprachig und schöpfen aus einem sprachlichen Repertoire, das unterschiedliche Dialekte, Soziolekte und Sprachstile einer oder mehrerer Sprachen umfasst, wobei die einzelnen Varietäten kontext- und situationsadäquat verwendet werden. Durch Mehrsprachigkeit entsteht immer Kontakt zwischen den verschiedenen Varietäten, der ein Faktor für die Veränderung von Sprachen (Sprachwandel) ist. Durch Sprachkontakt entstehen aber auch neue Sprachstile oder Varietäten innerhalb einer Sprache.
Sprachtypologie und Sprachbeschreibung
In der Sprachtypologie geht es um Eigenschaften von Sprache und Sprachen – um deren Analyse, Vergleichbarkeit, Verteilung und Häufigkeit. In der Sprachdokumentation wird das sprachliche Repertoire von zumeist wenig oder noch gar nicht beschriebenen Sprachen erhoben, wissenschaftlich aufbereitet und deskriptiv, typologisch, sprachhistorisch, literaturwissenschaftlich oder auch soziolinguistisch analysiert. Damit ist die Erforschung phonologischer, morphologischer, semantischer und syntaktischer Strukturen verschiedener Sprachen und Varietäten verbunden, außerdem die Dokumentation und Archivierung von Sprachkorpora und Erstellung von Datenbanken etabliert.
Wissenschaftsgeschichte
In der Geschichte der Sprachwissenschaft beschäftigt man sich einerseits mit der Geschichte des Wissens um Grammatik und sprachliche Zusammenhänge, mit der Entwicklung von Begrifflichkeiten und Konzepten, aber andererseits auch mit der Entstehung von Wissen über sprachlich-kognitive Zusammenhänge.
Der Schwerpunkt der Grazer Sprachwissenschaft liegt auf dem Werk Wilhelm von Humboldts und der auf ihn folgenden Moderne in der Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts, vor allem Hugo Schuchardt. Dabei steht der Beitrag, den typologisch andersartige Sprachen (Baskisch, Huastec u.a.) zum europäischen Verständnis von Sprache und Grammatik geleistet haben, im Vordergrund.